Die antiken Cornelier

Letztlich gehen die Namen Cornelius/Cornelissen mit all ihren Formen auf die antiken Römer zurück. Cornelius/Cornelia war der Name eines der berühmtesten Geschlechter im Römischen Reich. Da römische Geschichte zum Kulturgut des westlichen Europas, ja der westlichen Welt gehört, bedeutet dies u. a., dass die Schüler in Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland, selbst in Amerika, wenn auch weit weniger als früher, römische Geschichte paukten. Sie hörten damit von den Corneliern oder, wie es in alten Folianten genauer heißt, von den Cornelii. Dieser Name dürfte - man kann dies wohl ohne Übertreibung als heutiger Namensträger sagen - ein bleibender Begriff in der Weltgeschichte sein.

Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit stammte Papst Cornelius aus dem römischen Geschlecht der Cornelier, der Cornelia gens. Wie Plutarch (etwa 46–125 n. Chr.) im 4. Band seiner Quaestiones Romanae ausführt, kommt der Name dieses Geschlechts von cornu = Horn. In französischen Vornamenbüchern findet sich die Vermutung, dass der Name einerseits von cornix = Rabe abgeleitet sei, andererseits auch von cornucopia = Füllhorn als Zeichen von Reichtum und Wohlstand; diese Vermutung scheint aber allein auf der Wortähnlichkeit zu beruhen.
In Zedler’s Universal Lexicon von 1733 heißt es zu dem Geschlecht:
"Cornelische Familie, war eines derer edelsten Geschlechter, so wohl was das Alter als auch Verdienste gegen die Republik anlangte. Sie waren gröstentheils Patricii, von Pebeiis findet man wenige".
Laut Wikipedia vom 31.10.2007, die unter dem Stichwort Cornelier eine umfangreiche Aufstellung der Vertreter dieses Geschlechts bringt, stammen die patrizischen Zweige wohl von den im 5. Jh. v. Chr. häufig bezeugten Maluginenses ab, und zwar wohl in der folgenden Reihenfolge:
— im 5. Jh. v. Chr. die Cossi
— im 4. Jh. v. Chr. die Scipionen, Rufini und Lentuli
— ab dem 3. Jh. v. Chr. die Dolabellae, Sullae, Blasiones, Cethegi und Merulae.
Die Zugehörigkeit zu den patrizischen Familien sei zweifelhaft bei den Cinnae, Mammulae und Sisennae. Zu den plebejischen Zweigen der Cornelier gehörten die Balbi und alle Cornelier, die das Bürgerecht durch Cornelius Sulla oder später erhielten, z.B. die Galli und die Nepotes.


Politiker, Feldherren, Geschichtsschreiber und berühmte Frauen
Die 1829 von Ersch und Gruber herausgegebene Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, geht in ihrer Wertschätzung dieses Geschlechts noch weiter als Zedler’s Universal Lexicon. Dort heißt es einleitend zu dem 12-spaltigen (!) Bericht über die Cornelier:
Eines der ältesten und berühmtesten patricischen Geschlechter Roms, das, in viele Familien getheilt, eine große Zahl der ausgezeichnetsten Männer hervorgebracht hat, wie sie kein anderes Geschlecht nachweisen kann, die durch den Glanz ihrer Würden, durch Verdienste um das Vaterland und durch hohen Adel der Gesinnung gleich herrlich erscheinen.
Weiter unten heißt es dort:
Zu dem eigentlichen alten patricischen Geschlechte der Cornelier scheinen vornehmlich folgende 4 Familien gehört zu haben: Die Maluginenses, Scipiones, Rufini und Lentuli: Außerdem gab es aber auch viele plebejische Geschlechter der Cornelier, die Dolabellae, Cinnae, Merulae, Mammulae, Balbi, Celsi, Nepotes u.s.w. Schon in den Zeiten des blühenden Freistates, und später, nachdem Sulla Tausenden von Fremden und Sclaven das Bürgerrecht und seinen Namen Cornelius geschenkt hatte, ist es völlig unmöglich gemacht, dieses Geschlecht in seinen Gliedern und Verzweigungen noch weiter zu verfolgen.
Nach den dortigen Ausführungen ist der älteste überlieferte Vertreter dieses Geschlechts Servius Cornelius Maluginensis, der im Jahre 269 nach der Gründung Roms, nach unserer Zeitrechnung 484 v. Chr., römischer Konsul war.


"Name eines der angesehensten römischen Patriziergeschlechter"
Wenn auch heutige Lexica der römischen Geschichte und damit auch den Vertretern des Cornelier-Geschlechts weit weniger Raum widmen, schreibt doch die Brockhaus Enzyklopädie von 1997 weiterhin sehr anerkennend zum Stichwort Cornelius: "Name eines der angesehensten römischen Patriziergeschlechter". Die Propyläen-Weltgeschichte (1969, 4. Bd.) führt unter den berühmten Patriziergeschlechtern "das große und weit verzweigte Geschlecht der Cornelier" als erstes auf. Es habe von 366 bis zum Ende der Republik (44 v. Chr.) 63 Konsuln gestellt. Das dort an zweiter Stelle aufgeführte Geschlecht der Fabier brachte es nur auf 32. Der Große Ploetz, Ausgabe 1998, erwähnt 25 unterschiedliche Cornelius.
Darüber hinaus verzeichnet der Index Bio-Bibliographicus notorum hominum über 20 Persönlichkeiten aus der Antike mit dem Namen Cornelianus. Wie dieser Name einzugruppieren ist, blieb jedoch dem Verfasser bisher verborgen.

Eine antike Wiedergabe des Namens Cornelius. Der Altarstein, der die Fruchtbarkeitsgöttin Cybele auf ihrem Wagen zeigt, ist ihr offenbar von einem Lucius Cornelius Scipio Oreitus (oder Orphitus) gewidmet worden. Er wurde 295 n. Chr. erstellt und ist damit eines der letzten Bildnisse dieses weit verbreiteten Kultes im römischen Reich vor dem Siegeszug des Christentums (aus Rom - Bildatlas der Weltkulturen von Tim Cornell und John Matthews, München 1982).



Auch die Scipionen waren Cornelier
Der berühmteste Zweig des Cornelier-Geschlechts waren die Scipionen. Sie erhielten ihr Ansehen vor allem in den drei Punischen Kriegen gegen Karthago, bei denen Rom um sein Überleben fürchten musste.
Ihr Familiengrab lag an der Via Appia südlich von Rom, wo ihre Leichen unverbrannt in Sarkophagen in unterirdischen Kammern beigesetzt wurden. Es wurde Anfang des 17. Jh. wieder aufgefunden; die Stücke daraus befinden sich heute größtenteils in den Vatikanischen Museen.

Sie retteten Rom vor Hannibal
Der größte der Scipionen war Publius Cornelius Scipio Africanus, auch kurz Scipio der Ältere genannt (236–183 v. Chr.). Er war der Bezwinger des genialen karthagischen Feldherrn Hannibal, der 218 v. Chr. mit seinen Kriegselefanten die Pyrenäen und Alpen überschritten hatte und den Römern 216 bei Cannae die größte Niederlage ihrer Geschichte beibrachte. Scipio gelang es, Hannibal mehr und mehr zurückzudrängen und brachte ihm schließlich 202 in Afrika bei Zama südwestlich von Karthago die entscheidende Niederlage bei, die den 2. Punischen Krieg (218–201 v. Chr.) ebenfalls siegreich für die Römer beendete. Danach erhielt Scipio den Beinamen Africanus. Er war übrigens nicht nur Feldherr, Konsul und Zensor, sondern galt auch als kultivierter Feingeist und Freund der griechischen Kultur.




Scipio Africanus der Ältere auf einem Siegelring aus Capua (spätes 3. oder frühes 2. Jh. v. Chr.).



Schon im 1. und 2. Jh. v. Chr. hatten Vertreter dieses Geschlechts entscheidende Bedeutung für die Geschichte Roms. Vor allem sind die Familien der Scipio, Sulla, Lentulus und Cinna mit ihren großen Politikern und Feldherren zu nennen. Aber auch kultur- und geistesgeschichtlich kam ihnen eine wichtige Rolle zu: In ihrem Kreis wurde der Gegensatz zwischen Nachahmern der Griechen und Verfechtern des Römischen überwunden. So verkehrten im Hause Scipios d. J. die bedeutenden Philosophen und Schriftsteller der damaligen Zeit. Die Propyläen-Weltgeschichte, Ausgabe 1963, fand die Scipionen - und die mit ihnen durch Heirat der Scipio-Tochter Cornelia verbundenen Gracchen - für so wichtig, dass sie ihnen einen doppelseitigen Stammbaum mit 29 Persönlichkeiten widmeten. Nachstehend eine Kurzfassung des Stammbaums, der sich im Illustrierten Ploetz, 1976, findet:



Um die vielen Cornelier zu unterscheiden, genügte z. B. der Beiname Scipio für diesen Familienzweig nicht, vielmehr waren weitere Beinamen erforderlich. Bestes Beispiel ist der vorstehend aufgeführte, 129 v. Chr. gestorbene Publius Cornelius Scipio Aemilianus Africanus Numantinus. Seine Frau war seine Kusine Sempronia, die Tochter der Cornelia, der weiter unten beschriebenen Mutter der Gracchen. Bei dem plötzlichen Tod des Aemilianus ging in Rom das Gerücht, er sei von seiner Frau Sempronia, die ihn verabscheute, ermordet worden.


Im ersten Satz der italienischen Nationalhymne
Wie sehr Roms Retter noch in neueren Zeiten im italienischen Bewusstsein verankert ist, zeigt auch die um die Mitte des 19. Jh. entstandene italienische Nationalhymne. Sie beginnt mit dem Satz: "Fratelli d'Italia, l'Italia s'è desta dell'elmo di Scipio s'è cinta la testa." (= Brüder Italiens, Italien hat sich erhoben und hat mit dem Helm des Scipio sich das Haupt geschmückt.)
Mussolini ließ 1937 das aufwändige Filmepos Scipione l'africano drehen, das bei den Filmfestspielen in Venedig ausgezeichnet wurde. 1971 entstand der Spielfilm Scipione detto anche l'africano mit den damaligen großen Stars Marcello Mastroianni, Vittorio Gassmann und Silvana Mangano in den Hauptrollen.
In Europa wurden seit der Renaissance die Taten Scipios auf zahlreichen Gemälden und Fresken festgehalten. Die Konfrontation von Rom und Karthago in den Punischen Kriegen gehörte zum allgemeinen Bildungsstoff. So erhielten im frühen 17. Jh. in den Niederlanden zwei außergewöhnliche Tulpenzüchtungen die Namen "Alexander der Große" und "Scipio". Im Februar 1637 auf dem Höhepunkt des damaligen Tulpenwahns wurde für eine kleine Zwiebel der Sorte Scipio bei einer Auktion in Alkmaar - wie Mike DASH in seinem Buch Tulipomania (1999) berichtet - die exorbitante Summe von 400 Gulden gezahlt (zum Vergleich: Ein Zimmermann verdiente damals 250 Gulden im Jahr). Von Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürsten (regierte 1640–1686) existiert ein Gemälde aus der Zeit um 1660, auf dem er als Scipio posiert (Albert van der Eeckhout zugeschrieben; Christopher Clark: Iron Kingdom – The Rise and Downfall of Prussia 1600–1947, 2006, S. 39). Händel schuf 1726 eine Oper in drei Akten mit dem Titel Publio Cornelio Scipione (meist kurz Scipione genannt), die am 12. März jenen Jahres im Londoner King's Theatre uraufgeführt wurde und in der ersten Saison auf 13 Vorstellungen kam.

Scipio der Jüngere löschte Karthago aus
Noch ein anderer Scipio erhielt den Ehrennamen Africanus, nämlich - mit vollem Namen - Publius Cornelius Scipio Aemilianus Africanus minor Numantius (185–129 v. Chr.), zur Unterscheidung kurz Scipio der Jüngere genannt. Er war von einem anderen Publius Cornelius Scipio, nämlich dem ältesten Sohn des vorstehenden älteren Scipio Africanus adoptiert worden. Er besiegelte das endgültige Aus des punischen Karthagos. Im letzten Punischen Krieg (149–146 v. Chr.), der auch der kürzeste war, eroberte er Karthago nach verzweifeltem Widerstand, setzte es in Brand und machte es auf Geheiß des römischen Senats dem Erdboden gleich. Der Überlieferung nach ließ der die Stätte danach umpflügen und Salz in die Furchen streuen, damit selbst Pflanzen dort nicht mehr gedeihen könnten. Scipio selbst soll, wie es heißt, den Untergang der Stadt mit Tränen in den Augen beobachtet haben.

Wo später Sankt Cyprian wirkte
Damit war aber die Geschichte Karthagos nicht zu Ende. Gut hundert Jahre später wurde auf Veranlassung Cäsars die Stadt wieder aufgebaut und Hauptstadt der neuen römischen Provinz Africa. Sie stieg auf zur drittgrößten Metropole des römischen Imperiums, nach Rom und Konstantinopel. Im 5./6. Jh. n. Chr. war sie für etwa hundert Jahre Hauptstadt des Vandalenreiches. Erst nach der Eroberung der Stadt durch die Araber im Jahre 698 verfiel Karthago, während stattdessen das benachbarte Tunis aufblühte.
Schon früh entstand im römischen Karthago eine christliche Gemeinde, die später von erheblicher Bedeutung war. Und damit schließt sich wieder der Kreis: Bischof von Karthago wurde um 250 n. Chr. der heilige Cyprian, der für Papst Cornelius beim damaligen Schisma der Kirche eintrat und als dessen "liturgischer Zwilling" gilt. Cyprian erlitt im Jahre 258 in Karthago den Märtyrertod und wurde dort auf dem Friedhof Macrobius Candidianus begraben. Nach Ende der Christenverfolgung errichtete man zu seinen Ehren eine Kirche. 1915 wurden ihre Reste - oder vielmehr eines Nachfolgebaus aus dem 4. Jh. - wieder entdeckt. Es muss ein imposanter Bau mit sieben Kirchenschiffen gewesen sein. Die ausgegrabenen Ruinen bilden heute als Basilika St. Cyprien eine der Hauptsehenswürdigkeiten Karthagos, von dem ansonsten auf dem weitläufigen Gelände nicht mehr viel zu sehen ist.
Für Träger des Namens Cornelius und seiner Ableitungen ist also Karthago ein Ort von besonderem Interesse.

Den Verfasser verknüpft noch ein Weiteres mit Karthago. In seiner früheren Studentenverbindung hatte er den "Biernamen" Cato bekommen, und zwar nach Cato dem Älteren (234–149 v. Chr.), Zensor und einflussreicher Senator, der selbst im 2. Punischen Krieg gekämpft hatte. Dieser verdankt seine Bekanntheit bei Generationen von Lateinschülern vor allem dem viel zitierten Satz (eine grammatische Konstruktion für Fortgeschrittene!), mit dem er jeweils seine Reden vor dem Senat beendet haben soll: Ceterum censeo Carthaginem esse delendam" (= Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss).


Sulla, Cinna und Tacitus waren ebenfalls Cornelier
Noch heute sind eine Reihe römischer Träger des Namens Cornelius auch außerhalb des Kreises der Fachgelehrten weit bekannt sind, so
· Cornelius Nepos, römischer Geschichtsschreiber, gestorben um 25 v. Chr., der einen Abriss der Weltgeschichte und Lebensbeschreibungen bedeutender Persönlichkeiten verfasste,
· Cornelius Sulla, römischer Politiker und Feldherr, 138–78 v. Chr.,
· Cornelius Cinna, Gegenspieler Sullas, römischer Konsul, 87–84 v. Chr.,
· Cornelius Severus, Epiker des 1. Jh. v. Chr., der mit Ovid befreundet war,
· Cornelius Sisenna, Historiker und römischer Redner, 120–67 v. Chr.,
· Cornelius Celsus, römischer medizinischer Schriftsteller, gestorben Mitte des 1. Jahrh n. Chr. (s. auch bei Paracelsus unter "Cornelier am Ursprung der Katakomben"),
· Cornelius Tacitus, einer der bedeutendsten römischen Geschichtsschreiber, um 55– um 120 n. Chr., dessen Werk über Germanien wir wesentliche Kenntnisse über die Frühzeit unserer Vorfahren verdanken.
Sven RAUSCH schreibt in seinem 2009 erschienenen Werk 50 Klassiker — römische Antike über ihn: "Tacitus ist der schafsinnigste aller römischen Geschichtsschreiber. Mit sonst nicht erreichter Tiefe analisiert er das erste Jahrhundert der römischen Kaiserzeit, das den Römern nach langen Bürgerkriegen zwar Frieden, zugleich aber auch den Verlust ihrer Freiheit brachte."
Übrigens: Die bekannte Redewendung Sine ira et studio (= ohne Zorn und Eifer) stammt aus den Annalen des Tacitus, in denen er damit eingangs versichert, dass er unparteiisch berichten werde.

· Cornelius Fronto, lateinischer Rhetoriker, geb. 100 n. Chr., gestorben 175, der besonders von Kaiser Marcus Aurelius geschätzt wurde.
Etwas genauer genommen bestehen römische Namen üblicherweise grundsätzlich aus drei Teilen: Vorname (praenomen), Geschlechtername (nomen gentilicium) - hier Cornelius - und Beiname (cognomen). So müsste es z. B. vorstehend vollständig heißen: Lucius Cornelius Sulla oder Publius Cornelius Tacitus.

10.000 vom Corneliorum Collegium
Man darf aber nicht dem Irrtum erliegen, dass alle Träger des Namens Cornelius/Cornelia miteinander verwandt waren, zumindest nicht mehr seit den Zeiten des weiter unten porträtierten Cornelius Sulla. Wie verschiedene antike Schriftsteller berichten, hat dieser nämlich über 10.000 Menschen freigelassen, die dann den Namen Cornelius annahmen. In Zedler’s Universal-Lexikon von 1733 heißt es dazu:
Corneliorum Collegium, war eine Partie von mehr als 10000 Menschen, welche um die Zeit des Triumvirats Knechte waren, die aber L. Cornel. Sylla frey gemacht, und ihnen das Römische Bürger=Recht gegeben, nachdem ihre Herren in denen vorhergegangenen Bürgerlichen Kriegen, da sie des Syllae Gegen=Partey hielten, umkommen waren, oder sonst von Sylla proscribirt und verbannet worden. Diese haben von ihrem Patron allesamt den Namen Cornelius angenommen, und stunden ihm auch auf bedürffenden Fall gleich zu Diensten.
Auch sonst war es in Rom üblich, dass Freigelassene den Namen ihres Patrons annahmen.

Laut dem Allgemeinen Lexikon der bildenden Künstler, 1912, von Ulrich THIEME waren auch damals schon Träger des Namens Cornelius im Bereich Kunst und Architektur tätig:
Cornelius Pinus, römischer Maler unter Kaiser Vespasian (69-79 n. Chr.) Zusammen mit dem Maler Attius Priscus malte er die Tempel des Honos und der Virtus aus, die der Kaiser wiederherstellen ließ. Anscheinend gehörten sie damals zu den bedeutendsten Vertretern der Wandmalerei.
— Ein Cn. Cornelius war Architekt unter Kaiser Augustus (63 v. Chr. -14 n. Chr.), wie der römische Architekturschriftsteller Vitruv erwähnt.
Cornelias soll der Name einer schon zur Zeit von Kaiser Augustus "ausgestorbenen cornelische Gießerfamilie" gewesen sein.

Als Beispiel für die vielen Träger des Namens Cornelius, die blutsmäßig nichts mit dem Geschlecht der Cornelier zu tun hatten (und trotzdem eine wichtige Rolle im alten Rom spielten), seien kurz Cornelius Balbus Maior und Minor, Onkel und Neffe, vorgestellt.

Ungewöhnlich: Triumphzug für Cornelius Balbus Minor
Die größte Ehre, die das antike Rom einem siegreichen Feldherrn erweisen konnte, war ein Triumphzug des heimkehrenden Heeres durch die Stadt.
Lucius Cornelius Balbus Minor wurde diese Ehre am 27. März des Jahres 19 v. Chr. unter ungewöhnlichen Verhältnissen zuteil: Es war der erste Triumphzug, der jemandem gewährt wurde, der kein Römer von Geburt war, und der letzte für einen Privatmann. Balbus hatte die Garamanten geschlagen, ein Berbervolk im heutigen Libyen, das Rom gefährlich geworden war.
Was über sein Leben bekannt ist, dürfte eher mit gemischten Gefühlen zu betrachten sein. Laut Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Lucius_Cornelius_Balbus_Minor bzw. Maior vom 8.2. 2006) wurde Bal bus im 1. Jh. v. Chr. im heutigen Spanien geboren. Um ihn von seinem Onkel Lucius Cornelius Balbus (Maior = der Ältere) zu unterscheiden, bekam er den Beinamen Minor (= der Jüngere). Die Familie war vermutlich phönizischer Herkunft. Gleichzeitig mit seinem Onkel wurde er aufgrund dessen Verdienste für Rom in Spanien römischer Bürger. Er nahm am Krieg in Ägypten und Spanien teil und wurde für seine Leistungen mit der Aufnahme in das Kollegium der Pontifices belohnt. Von Caesar (100–44 v. Chr.) wurde er mit verschiedenen wichtigen Missionen betraut. Im Jahre 43 v. Chr. war er Quaestor in Spanien, wo er ein großen Vermögen durch Ausplünderung der Einwohner zusammengerafft haben soll.
Er war aber auch anderweitig tätig: In Rom baute er ein Theater, schrieb ein Schauspiel über seinen Besuch bei Publius Cornelius Lentulus Spinther in dessen Feldlager und ein Werk über Götter und deren Verehrung.

Cornelius Balbus Maior: Caesars Privatsekretär
Auch sein Onkel Cornelius Balbus Maior hatte eine gewichtige Rolle gespielt. Er war sehr reich und wesentlich am Zustandekommen des Ersten Triumvirats (60 v. Chr.) beteiligt. Später wurde er Caesars Privatsekretär, bei dem Cicero um Gesprächstermine mit Caesar nachsuchen musste. Nach Caesars Tod scheint er sich Octavian, dem späteren Kaiser Augustus, angeschlossen zu haben. 43 oder 42 v. Chr. war er Praetor, im Jahre 40 v. Chr. sogar Konsul. Diese Ehre wurde mit ihm zum ersten Mal einem Ausländer zuteil. Er führte ein Tagebuch über sein und Caesars Leben.


Vier Kurzporträts
Über Vertreter des römischen Cornelier-Geschlechts ist in der Antike wie auch in den letzten Jahrhunderten derart viel geschrieben worden, dass ein weiteres Eingehen auf sie den Rahmen dieser Ausführungen sprengen würde. Um aber einige von ihnen etwas plastischer vors Auge zu führen, hier die Würdigung, die sie - in chronologischer Reihenfolge - in einem neueren, 2001 erschienenen Werk über die Antike erhielten (Auf einen Blick – Das Klassische Griechenland und das Römische Reich, im Anhang der Schautafeln, DuMont Verlag, Köln):

Scipio Africanus maior, Publius Cornelius (235–183 v. Chr.)
Im zweiten Punischen Krieg (218–183 v. Chr.) erhält der aus der altrömischen Patrizierfamilie der Scipionen stammende Scipio den Oberbefehl in Spanien und vertreibt die Karthager von der Iberischen Halbinsel. Ab 205 v. Chr. Konsul, setzt er 204 mit einem Heer nach Nordafrika über, wo er 202 bei Zama Hannibal besiegt und damit den zweiten Punischen Krieg beendet. 190 v. Chr. zieht er als Legat seines Bruders Lucius in den Krieg gegen Antiochos III. In den so genannten Scipionen-Prozessen (187–184) werden die beiden Brüder wegen angeblicher Bestechung und Unterschlagung verurteilt. Scipio zieht sich auf sein Landgut Liternum zurück. Seine Tochter
Cornelia wird die Mutter der Gracchen.
Mehr über ihn in dem 2009 erschienenen Werk 50 Klassiker – römische antike von Sven RAUSCH.
Publius Cornelius Scipio Africanus maior, der Bezwinger Hannibals. Der in Schloss Erbach (Odenwald) befindliche Kopf wurde erst 1972 als Porträt dieses Scipio erkannt (aus dem 2001 erschienenen Bildlexikon antiker Personen von German Hafner).


Sulla, Lucius Cornelius (138–78 v. Chr.)
Der römische Staatsmann und Feldherr stammt aus dem Patriziergeschlecht der Cornelier. Er nimmt am Jugurthischen Krieg teil, vertreibt 89 im römischen Bundesgenossenkrieg die Samniten aus Kampanien und wird im römischen Bürgerkrieg Hauptgegenspieler der Optimaten gegen die Popularen unter Marius. 88 zum Konsul gewählt und vom Senat mit dem Oberbefehl gegen Mithridates VI. betraut, verhindert er mit Waffengewalt eine Übertragung des Kommandos durch Volksbeschluss auf Marius. Sulla siegt gegen MithridatesVI. und kehrt 83 nach Rom zurück, wo er nach seinem Sieg über die Popularen seine politischen Gegner beseitigt. 82 lässt er sich zum Diktator ernennen und führt Verfassungs-änderungen durch, um den Senat zu stärken und das Land zu befrieden. Drei Jahre später legt er die Diktatur nieder und zieht sich auf sein Landgut zurück.

Mehr über ihn in dem 2009 erschienenen Werk 50 Klassiker — römische Antike von Sven RAUSCH, das unter diesen Klassikern auch Scipio Africanus den Älteren, Cornelius Tacitus und Cornelia, die Mutter der Gracchen, behandelt.
Der berühmt-berüchtigte Lucius Cornelius Sulla (138–78 v. Chr.), Konsul, Feldherr und Diktator, wegen seiner militärischen Erfolge mit dem Beinamen Felix ("der Glückliche"), auf einer um 59 v. Chr. geprägten Münze (auf der Rückseite ist Sullas Mitkonsul im Jahre 88 v. Chr. Pompeus Rufus abgebildet). Die Buchstaben COS hinter Sulla dürften die Abkürzung für Consul sein, nicht für Cornelius.


Cinna, Lucius Cornelius (um 130–84 v. Chr.)
Der römische Patrizier ist ein Parteifreund des Marius.Von 87 bis zu seiner Ermordung 84 v. Chr. übernimmt er das Amt des Konsuls. Der Gegner Sullas versucht entgegen seinem Amtseid, Sullas Gesetze außer Kraft zu setzen, und wird daraufhin aus Rom vertrieben. Mit Hilfe des Marius erobert er die Stadt zurück, lässt seine Gegner töten und erklärt Sulla zum Staatsfeind. 84 v. Chr. erschlagen ihn meuternde Soldaten.

Lucius Cornelius Cinna, römischer Konsul in den Jahren 87–84 v. Chr., einer der Hauptgegner Sullas aus einem anderen Zweig des Corneliergeschlechts. Hier eine Zeichnung der australischen Erfolgsautorin Colleen McCullough, in deren Romanzyklus über Die Herren Roms Sulla eine herausragende Rolle spielt.

Für das vierte Kurzporträt - über Cornelia, Mutter der Gracchen - wird auf das folgende Kapitel verwiesen.


Cornelius Sulla: Hauptperson in McCulloughs Trilogie
Wer sich in unterhaltsamer Weise näher mit einigen der berühmten Cornelier beschäftigen möchte, sei auf die Trilogie Masters of Rome der Australierin Colleen McCullough empfohlen, die Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre sukzessive erschienen ist. In den jeweils etwa 1000 Seiten der drei Bände First Man in Rome, The Grass Crown und Fortune’s Favourites ist einer der Hauptpersonen Lucius Cornelius Sulla (138–78 v. Chr.), Politiker und Feldherr. Die Trilogie war und ist ein Bestseller. Auch durch diese "Schwarten" bleiben die antiken Cornelier noch nach über 2000 Jahren lebendig. Als weitere Folge der drei Bände erschienen: Caesar’s Women und Caesar. Auch hierin ist manches über die Cornelier zu finden (der Verfasser hat nur zwei der fünf Bände gelesen). Die Bücher sind gebunden wie als Taschenbücher auch in Deutsch erschienen. Titel der Trilogie-Romane: Die Macht und die Liebe, Die Crone aus Gras und Liebling der Götter . (Weitere Bücher mit und über ihn in Wikipedia unter "Lucius Cornelius Sulla Felix").

Cornel – ein Cheruskerführer?
Darüber hinaus taucht im Band betitelt Cäsar ein Führer der Cherusker namens Cornel auf (S. 127/128). Cäsar trifft ihn nach seiner zweiten Rheinüberquerung im Jahre 53 v. Chr. Beim heutigen Neuwied im Land der Ubier. Wie dort geschildert wird, hatte Cornel 23 Söhne von elf Frauen, dazu eine Anzahl Töchter, von denen er sechs am Leben ließ, um sie vorteilhaft zu verheiraten. Cornel soll der Sohn des berühmt-berüchtigten Cornelius Sulla (138–78 v. Chr.) und einer adligen Cheruskerin gewesen sein. Wie weit es sich um eine historische Person handelt, wäre noch zu untersuchen.

Wer es seriöser haben möchte: Der große deutsche Historiker Leopold VON RANKE (1795-1886) setzt sich in seiner neunbändigen Weltgeschichte auch ausführlich mit Sulla auseinander und wertet ihn abschließend so (Band I-II, 3. Auflage 1910, 9. Kapitel):
"... ein genialer Mann, der immer seinem Gestirn zu folgen glaubte und durch das Glück, das ihn in allem, was er tat, begleitete, sich selbst und anderen als ein Bevorzugter unter den Sterblichen erschien. Alles, was ihm widerstand, warf er durch Politik und Waffen nieder."


Weiter zum nächsten Kapitel: Die Mutter der Gracchen und andere berühmte Cornelias
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