Wie Cornelissen entstand
Schon ganz zu Anfang wurde dargelegt, dass Cornelissen ein Patronymikon - oder kurz: Patronym - ist, also ein Familienname, der nach dem Vor- oder Eigennamen des Vaters gebildet ist. Sehr häufig geschah dies durch Anhängung der Nachsilbe son oder sen im Sinne von "Sohn von" (im Englischen und Schwedischen -son, im Niederländischen, Dänischen und Norwegischen -sen). Speziell zum Niederländischen heißt es in dem führenden Werk auf diesem Gebiet A Dictionary of Surnames von Patrick HANKS, 1988:
"Die klassische holländische Nachsilbe zur Bildung eines Patronymikons ist -sen ’Sohn’,
die nach einer s-Genitivbeugung am Ende des Eigennamens steht.
"
Dabei werde diese Endung häufig reduziert zu -se oder bloß -s, und dies in verschiedenen Schreibweisen mit s, sz und x.
Eine solche Bildung des Patronyms war offenbar früher auch im Norden Deutschlands üblich. Laut dem Großen Vornamenlexikon von Duden, 1998 erschienen, wird sogar noch heute in Ostfriesland teilweise dem Kind - Junge wie Mädchen - als zweiter Vorname, als so genannter Zwischenname, der Vorname des Vaters im Genitiv gegeben (und vom Standesbeamten anerkannt).

Der Duden Familiennamen von 2005 sagt kurz und bündig: "Cornelissen, Cornelißen: patronymische Bildungen auf -sen zu Cornelis", wobei es unter dem Stichwort Cornelis heißt: "vor allem im niederdeutschen Bereich vorkommende verkürzte Form von Cornelius." (s. Kapitel: Weltweit verbreiteter Familienname).

Die Bildung des Namens Cornelissen ist in einigen Details nicht völlig klar. Die niederländische Form von Cornelius ist Cornelis. Papst Cornelius hieß bei den Holländern früher auch Papst Cornelis. Der Genetiv von Cornelis lautet ebenfalls Cornelis (?). Hängt man an den Vornamen Cornelis, sei es Nominativ oder Genetiv, die Endsilbe -sen (= Sohn) entsteht Cornelissen.
Eine andere Entstehung ist nicht ganz auszuschließen: Da es sich bei dem Taufnamen Cornelius um einen lateinischen Namen handelt und bei der Bildung des Patronymikons Cornelissen die lateinische Sprache noch viel verwendet wurde, könnte auch die lateinische Genitivbildung von Cornelius angewandt worden sein. Diese ist Cornelii. Daran wurde dann sen = Sohn angehängt: also Sohn des Cornelius. Hierbei wurde von den beiden i in der Endung ein i fallengelassen, wie dies auch sonst häufig der Fall ist (z. B. Kornelimünster = Corneli monasterium = Kloster des Cornelius).
Weniger wahrscheinlich dürfte eine Namensbildung in der Weise sein, dass die ursprüngliche Form Cornelius-sen war, wobei sich später das u verschlissen hat. Allerdings gibt es, wie der oben zitierte Dictionary von HANKS ausweist, im Skandinavischen die Form Corneliussen.



Was das Historical Research Center schreibt
Wer sich über den Namen Cornelissen informieren will, findet darüber - abgesehen von den knappen Angaben in den Namenbüchern - nur wenig im deutschsprachigen Schrifttum. Das weiter hinten behandelte, von einem amerikanischen Verlag herausgegebene Cornelissen Familienhandbuch ist in der Aussage sehr dürftig. Eine kurze, aber die wesentlichen Fakten zusammenfassende Ausführung entdeckte der Verfasser zufällig 1994 im Urlaub in der geschichtsträchtigen englischen Stadt York nahe dem berühmten Minster. In der wohl meist fotografierten Straße des malerischen Ortes, den Shambles, stand in einem Souvenirladen ein Computer des Unternehmens The Historical Research Center, Inc. Darin waren rund 120.000 Familiennamen und deren Ursprung gespeichert, die auf einem farbigen, Wappen geschmückten Urkundenformular ausgedruckt werden konnten. Zum Wortstamm von Cornelissen waren dort folgende Namen mit ihrer Herkunft gespeichert: Corneau, Cornejo (der aber nach den dortigen Ausführungen nichts mit Cornelius zu tun hat), Cornelissen, Cornelius, Cornell, Cornes, Cornett, Cornelsen.
Der Verfasser ließ sich - gegen entsprechende Gebühr - die Ausführungen zu den Namen Cornelissen und Cornelsen ausdrucken.

Die Urkunde über Cornelissen im Historical Research Center von York hat folgenden Wortlaut (vom Verfasser aus dem Englischen übersetzt):
Der holländische Nachname Cornelissen ist patronymischen Ursprungs und gehört zu der Gruppe von Nachnamen, die vom Vornamen oder Taufnamen des Vaters des ursprünglichen Trägers abgeleitet sind. Im vorliegenden Fall ist der Nachname von dem holländischen Namen Cornelis abgeleitet, dieser seinerseits von dem alten lateinischen Vornamen Cornelius; der ursprüngliche Träger war also einfach der "Sohn des Cornelis" oder der "Sohn des Cornelius". Die weibliche Form ist Cornelia. Die Bedeutung des Vornamens selbst ist nicht klar, aber leitet sich wahrscheinlich ab vom lateinischen "cornu, cornus" und deutet vielleicht auf "hornähnlich" hin. Der Vorname war bei den Römern verbreitet; eine Cornelia, Ehefrau des Tiberius Sempronius Gracchus, " die Mutter der Gracchen", lebte von 189 bis 110 v. Chr.; während Cornelius Nepos im 1. Jh. n. Chr. lebte und eine Anzahl Biographien schrieb, die noch heute wegen ihres historischen Inhalts gelesen werden. Der Name wurde auch von verschiedenen Päpsten getragen, der erste von ihnen erlitt 253 n. Chr. den Märtyrertod und wurde dann auch heilig gesprochen. Der Name erfreute sich der Gunst der Kirche, was zu seiner Beliebtheit für viele Jahre beitrug.
In den Niederlanden findet sich der Nachname häufig in der Form Corneliszoon und ist nachgewiesen im 17. Jh., als ein Cornelis Corneliszoon (1562–1638) Künstler und Maler in Haarlem war. Seine Werke sind heute hochgeschätzt. Ein Cornelis Cornelissen erscheint in der Zeitschrift für Deutsche Geschichte des Oberrheins im Jahr 1657. Der Name ist auch der von Peter von Cornelius (1783–1867), des Malers, und seines Neffen, ebenfalls Peter genannt (1824–1874), des Komponisten und Dichters.
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Wappenschild: Rot, die Ziffer "4" umgekehrt schwarz, der Fuß gekreuzt.
Helmbusch: Ein hervorstehender Löwe rot, ein Wappenschild gold zwischen den Klauen.
Herkunft: Holland
(Mehr zu Wappen im Kapitel "Wappen im Wappenbilderlexikon")

Falsch an den vorstehenden Ausführungen ist, dass es mehrere Päpste des Namens Cornelius gegeben hat; es gab nur einen. Es hat auch schon früherere Namensvertreter gegeben als dort aufgeführt, wie das Mormonen-Archiv ausweist. Auch die Zusammensetzung des Wappens ist schwer nachzuvollziehen. Dem vorgedruckten Text des Urkundenformulars zufolge handelt es sich um ein Wappen, das irgendwann irgendwo einem Träger des Namens Cornelissen (oder einer Variante hiervon) verliehen worden ist.

Cornelsen von Cornel, Cornelissen von Cornelis
Von Interesse ist auch, was dieser Computer des Historical Research Center - wenn auch vielleicht etwa vereinfachend - zum Namen Cornelsen (nicht Cornelissen!) ausdruckte. Danach ist Cornelsen deutschen Ursprungs, nämlich ein Patronym abgeleitet von dem Vornamen Cornel, der seinerseits wieder eine Kurzform von Cornelius sei. Der Name des Heiligen Cornelius habe sich großer Popularität ("marked popularity") in Nordeuropa erfreut, wo er zusätzlich zu Cornel die Formen Cornelis, Neels und Nels sowie die Nachnamen Cornelissen, Corneliszoon und Cornehls erzeugt habe, wobei letzterer eine verkürzte Variante von Cornelsen sei.

Zum Abschluss heißt es: "Wappen sind von einer Anzahl Familien namens ’Cornelissen’ geführt worden." Dabei wird als Wappenschild angegeben: Gold, drei Jagdhörner schwarz; Helmbusch: ein Mann hervorstehend, schwarz gekleidet mit drei Winkeln gold; Herkunft: Deutschland.
Offenbar geht also The Historical Research Center davon aus, dass zwar Cornelissen wie Cornelsen auf den lateinischen Namen Cornelius zurückgehen, wobei aber Cornelissen niederländischen Ursprungs und vom Vornamen Cornelis abgeleitet ist, während Cornelsen auf der in Deutschland verwendeten Form Cornel beruht.
Sicherlich gehören Cornelissen/Cornelsen und Co nicht zu den häufigsten westeuropäischen Namen, wie ein im englischen Seebad Scarborough aufgestellter Computer der Firma The Hall of Names mit Sitz in Newcastle-upon-Tyne zeigt, der 1994 die Geschichte von 65.000 englischen, irischen, schottischen, walisischen und französischen Nachnamen gespeichert hatte: Er führte überhaupt keinen Namen mit dem Wortstamm Cornel auf! - Dass es aber in den vergangenen Jahrhunderten bereits Tausende Cornel... gab, zeigt das Mormonenarchiv.

Und wie ist die Betonung?
Vom Ursprung des Namens her ist die Aussprache von "Cornelissen" eindeutig: Die 2. Silbe mit dem e wird betont und lang gesprochen. Der ursprünglich lateinische Name Cornelius wird unstreitig so ausgesprochen. Die spätere Anfügung der Nachsilbe -sen zur Angabe des Sohn- Verhältnisses änderte daran nichts - ebenso wenig wie bei anderen so gebildeten Patronymika wie z. B. Jakobson und Petersen. Auch in den Niederlanden und in Belgien, wo man den Namen Cornelissen sehr häufig findet, ist dies die Aussprache. Ähnliches gilt für Skandinavien, wo "Corneliussen" (auch Korneliussen und Corneliusson) nicht selten ist. Hier ist allerdings nicht auszuschließen, dass die zweitletzte Silbe mit dem u ebenfalls betont wird.
Dagegen wird im Ruhrgebiet, wo innerhalb Deutschlands Cornelissen wohl am stärksten verbreitet ist, durchweg "Konellissen" gesagt, also die zweite Silbe kurz gesprochen, als ob der Name zwei l und kein r hätte. Wie soll man auch die Herkunft dieses Namens kennen?
Nicht selten, besonders im süddeutschen Raum, hört man auch die Betonung auf der zweitletzten Silbe, also auf dem i (Ob man da unterschwellig an "Gewissen" denkt?).

"Cornelissen, hat ins Korn ges..."
Ein Beleg für die Beziehungsvielfalt des in Deutschland nur wenig bekannten Namens Cornelissen ist dem Verfasser noch in schlechter Erinnerung. Um in Zukunft nicht auch andere Namensträger damit zu belasten, hat er lange gezögert, ob er dieses von Fachleuten so genannte Namenspiel überhaupt weitergeben soll. Weil der Name, wie Thomas Mann irgendwo schreibt, "ein Stück des Seins und der Seele" ist, sollen Namenspiele als Mittel der Polemik besonders verletzend wirken. Als Beispiel bringt KUNZE im dtv-Atlas Namenkunde, 1999, "Fritze, schitt in de Mütze". Das für Cornelissen steht dem kaum nach:
Als der Verfasser 1944/45 als 10-Jähriger mit der Familie (der Vater war als Soldat eingezogen) im Allgäu evakuiert war, wurde er von einheimischen Jungen häufig mit dem Satz gehänselt: "Cornelissen, hat ins Korn geschissen!" Darüber konnte er damals überhaupt nicht lachen.

Dieses eingängige Namenspiel setzt aber voraus, dass Cornelissen auf der zweitletzten Silbe betont wird. Nach den Erfahrungen des Verfassers ist dies aber nur dort der Fall, wo der Name Cornelissen fast unbekannt ist wie in süddeutschen Regionen. Im Übrigen gibt es heute weniger Anlässe für diese Art der Hänselei, jetzt eher Mobbing genannt, weil die Kinder nicht mehr vom Lehrer mit dem bloßen Familiennamen aufgerufen werden, wie dies wohl bis in die 1950er Jahre hinein der Fall war.

Viele Jahre später. Als Sohn Jan im Oktober 2009 mal wieder an einem Halbmarathon teilnimmt, es geht rund um den Bramfelder See in Hamburg, wird er vom orga-team als
Cornekissen
aufgeführt.


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