In Frankreich sind es die Corneille
Was für Deutschland Cornelius, für die Niederlande Cornelis, ist für Frankreich Corneille. Der heilige Papst Cornelius heißt in Französisch "saint Corneille". Allerdings wird der römische Hauptmann Cornelius aus der Apostelgeschichte, der als erster Nichtjude von Petrus getauft wurde, neben Corneille auch "saint Cornélien" genannt; und im Bretonischen heißt der Papst "saint Cornély". In Frankreich gibt es eine Anzahl bekannter und berühmter Leute namens Corneille. Bei ihnen wird die Sache dadurch etwas kompliziert, dass corneille auch die französische Bezeichnung für Rabenkrähe ist. Der französische Familienname Corneille kann somit - darauf verweist auch der Dictionary of Surnames (1996) von Patrick HANKS - zwei Ursprünge haben, nämlich Papst Cornelius, aber auch die Krähe als Spitzname für eine plappernde Person.
Nehmen wir an, dass gerade bei dem berühmtesten Träger dieses Namens, dem wortgewaltigen Dramatiker Pierre Corneille, der Ursprung nicht bei der geschwätzigen Krähe liegt.



Die Straße auf der Ostseite des hoch angesehenen Théatre National de l'Odéon nahe beim Jardin du Luxembourg in Paris trägt den Namen rue Corneille.
Wie sich aus dem Untertitel 1606-1684-Poète Dramatique ergibt, ist sie nach dem Dramatiker Pierre Corneille benannt. (Foto 11.7.2007)


Berühmte Dramatiker und Maler
Dieser Pierre Corneille (1606–1684) führte mit dem Cid und Tragödien wie Horace, Cinna und Polyeucte die französische Literatur des 17. Jh. zu einem Höhepunkt. "Seine Helden sind heroische Willensmenschen, sie tragen den Konflikt zwischen Pflicht und Leidenschaft in sich, der stets zugunsten einer idealen sittlichen Ordnung entschieden wird" (so Meyers enzyklopädisches Lexikon).
Sein Bruder Thomas Corneille (1625–1709) war ebenfalls ein sehr erfolgreicher Dramatiker, der aber das publikumswirksamere romaneske Genre bevorzugte.

Ebenfalls im 17. Jh. nannte sich eine bekannte Familie von Malern und Graveuren in Frankreich so, nämlich
Corneille, Michel (oder Corneille le Père oder Corneille der Ältere), französischer Maler und Radierer, geb. zu Orléans 1601 oder 1603, gest. am 13.6.1664 in Paris, Vater des Michel Corneille und des Jean Baptist Corneille. Er verfertigte viele Vorlagen für die Tapeten des Königs. Seine Bilder wurden vor allem durch Stiche bekannt. Er war einer der zwölf Gründer und ab 1656 Rektor der Académie royale des peintres et sculpteurs.

– sein Sohn Corneille, Michel (oder Corneille le Jeune oder Corneille der Jüngere oder Corneille des Gobelins), Maler und Radierer, geb. am 29.9.1642 in Paris, dort gest. am 16.8.1708 in seiner Wohnung in der Gobelinmanufaktur. Er gewann 1659 einen Rompreis, auf den hin er mehrere Jahre in Rom studierte. Nach seiner Rückkehr wurde er am 29.9.1663 Mitglied der Akademie. Von König Ludwig XIV. wurde er auch für die Ausschmückung seiner Schlösser herangezogen. Am bekanntesten wurde er durch seine Zeichnungen und Radierungen. Sein radiertes Werk umfasst 103 Nummern. Wie sein Bruder Jean Baptist kopierte er viele italienische Zeichnungen. Viele seiner Zeichnungen befinden sich im Louvre.

– dessen Bruder Jean Baptiste Corneille, Maler und Radierer, geb. am 2.12.1649 in Paris, gest. dort am 12.4.1695. Studierte bei seinem Vater. Am 3.1.1675 wurde er Mitglied der Akademie auf Vorlage des Gemäldes Herkules bestraft Busiris. 1692 Professor. Er war vor allem als Kirchenmaler in Paris tätig. Seine Gemälde finden sich in den Museen der großen Städte Frankreichs. Auch über 96 Radierungen stammen von ihm, meist biblische und mythologische Darstellungen. Von den Radierungen seines Bruders Michel sind sie kaum zu unterscheiden, sollen aber etwas schwerfälliger sein. Er bemalte auch den Himmels-Globus der beiden berühmten Coronelli-Globen (387 cm Durchmesser, angefertigt in Paris 1681-1683), die König Ludwig XIV. zum Geschenk gemacht wurden (heute ausgestellt in der Bibliothèque Francois Mitterand in Paris).


Schon im 16. Jh. hatte es in Frankreich einen bedeutenden Maler namens Corneille gegeben. Es war ein Holländer, der sich Corneille de Lyon oder Corneille de La Haye (= aus Den Haag) nannte. Gegen 1500/1510 war er in Den Haag geboren, wirkte aber dann vor allem in Lyon, wo er bereits 1534 nachgewiesen ist. 1547 wurde er französischer Staatsbürger und später zum offiziellen Hofmaler des französischen Königs ("Peintre du roi") ernannt. Offenbar hat der Maler seinen ursprünglich holländischen Namen Cornelis französisiert.
1569 wechselte er wie zahlreiche andere Lyoner Hugenotten mit seiner Familie zum Katholizismus über. Er hatte einen Sohn namens Corneille und eine Tochter, die gleichfalls Maler waren. Nachkommen seines Sohnes lassen sich bis ins 18. Jh. als Maler in Lyon nachweisen.
Bei den Corneille (Vater) zugeschriebenen Bildern handelt es sich meist um kleinformatige Porträts von Personen im Umkreis des französischen Königshofes. Der Hintergrund seiner Bilder ist stets einfarbig, meist grün, sonst blau. Anscheinend hat Corneille auch nach übersandten Pastellvorlagen anderer Künstler gearbeitet. Der Reiz seiner Porträtmalerei beruht laut dem Allgemeinen Lexikon der bildenden Künstler, 1912, von Ulrich THIEME "auf der leichten Pinselführung und der Durchsichtigkeit der Farben". Der Vorname Claude ist nicht verbürgt. Das vorzitierte Lexikon widmet ihm drei Spalten.

Corneille von der Gruppe Cobra
Eine Französisierung des Namens liegt ebenfalls vor bei einem wichtigen Maler des 20. Jh., der sich kurz und einfach Corneille nennt. Als Sohn niederländischer Eltern wurde er am 3.7.1922 in Lüttich/Belgien geboren und heißt eigentlich Cornelis Guillaume van Beverloo. Er wuchs in den Niederlanden auf und studierte 1940 bis 1943 an der Reichsakademie für Bildende Kunst in Amsterdam. Corneille war 1948 Mitbegründer der Künstlergruppe Cobra und vertritt, wie es ein Lexikon ausdrückt, "einen zum Lyrischen neigenden abstrakten Expressionismus". Er betätigt sich auch als Radierer und Keramiker. Ein mächtiger Vogel ist ein wiederkehrenes Symbol in seinen Werken. Er war auch Teilnehmer der dokumenta II (1959) und III (1964) in Kassel.

Noch Anfang 1998 fand in Bochum eine große Ausstellung mit 70 seiner Gemälde unter dem Titel "Corneille und Afrika" statt. Die Westfälische Rundschau vom 6.3.1998 schrieb dazu: "Der Gruppenname Cobra, zusammengesetzt aus den Anfangsbuchstaben der Metropolen Copenhagen, Brüssel und Amsterdam stand dabei programmatisch für einen internationalen und provokativen Nonformalismus, für eine spielerische, phantasievolle Kunst." Die Ausstellung sei "der faszinierende Versuch, das Werk eines bedeutenden Vertreters der europäischen Nachkriegsmalerei unter dem Blickwinkel seiner Afrika-Inspiration zu erfassen".

2007 machte Corneille wieder Schlagzeilen - zumindest in der niederländischen Presse. "De Telegraf" vom 14.11.2007 berichtete darüber, dass seine Frau, Natasja Corneille, die ihn unter Kuratel hat stellen lassen, Millionenforderungen gegen seinen langjährigen Freund, den Amsterdamer Kunsthändler Nico Koster, erhebt. Dieser habe zahlreiche Lithographien Corneilles verkauft, ohne mit ihnen darüber abzurechnen. Koster weist dies mit Nachdruck zurück.

Das Allgemeine Lexikon der bildenden Künstler von Ulrich THIEME, herausgegeben 1912, führt unter dem Namen Corneille noch folgende Künstler auf:
Corneille, Barthélemy, Bildhauer, geb. um 1760 in Marseille, gest. 1812. Arbeitete eine Zeit lang in Volterra in Italien. Nach seinem Tode wurde im Louvre eine Ausstellung seiner Werke veranstaltet.
Corneille de Bavière (de Bavière = aus Bayern; auch: Corneille de Septgranges), Maler und Bildschnitzer, Holzschneider und Buchdrucker. 1523-1566 in Lyon nachgewiesen.
Corneille, Étienne, Maler in Le Mans, Frankreich, gest. vor 1666.
Corneille, Étienne, sein Sohn, war ebenfalls Maler, gest. in Le Mans am 28.5.1687.
Corneille, Nicolas, französischer Maler oder Zeichner um 1650, lieferte die Vorlagen für eine Reihe von Wandteppichen, die in der berühmten Teppichweberei Aubusson (Département Creuse) ausgeführt wurden und "Jeux d'enfants" (Kinderspiele) darstellen.
Corneille oder Corneilhe, Pierre, Maler in Lyon, 1548 erwähnt.
Corneille, Pierre, Kunsttischler und Holzschnitzer in Genf, geb. am 5.11.1580, gest. am 18.1.1616. Er stammte aus der aus Genua zugewanderten Familie Carnaglio.

Liebliche Bilder von Corneille Max
Vielleicht war der Name Corneille aufgrund der großen Namensträger für Maler inspirierend. So entdeckte der Verfasser 1997 in einem Antiquariat des Touristenstädtchens Szentendre nördlich von Budapest farbige Postkarten einer "Deutsche Meister-Sammlung" betitelten Serie. Einige dieser Bilder, die Kinderporträts sind und Titel wie "Mausi", "Der Kavalier" und "Im Frühling" tragen, sind "nach einem Original von Corneille Max" gedruckt.
Über diesen Maler konnte der Verfasser bisher noch nichts finden.

Eher seltener Name
Insgesamt gesehen scheint in Frankreich der Name Corneille - auch als Vorname - eher selten zu sein. Dies gilt auch für andere Namen, die mit Corn beginnen und möglicherweise auf Papst Cornelius oder zumindest auf corn = Horn zurückgehen. So stehen auf der langen Liste der Gefallenen des 1. Weltkriegs in der Pariser Pfarrkirche Saint Sulpice, die durch den Roman The Da Vinci Code von Dan BROWN weltweit bekannt wurde, nur zwei in Betracht kommende Namen: P. Cornet und A. Cornil. Aber unbekannt ist selbst der Name Cornelissen mit seinen Varianten in Frankreich nicht. Jedenfalls waren 1995 in der französischen Nationalbibliothek eine Anzahl Werke unter diesen Namen zu finden.

Teil der Gedenktafel für die im 1. Weltkrieg gefallenen Gemeindemitglieder
in der Kirche Saint Sulpice (Foto 10.7.2007)

Wie sich aus dem Mormonen-Archiv ergibt, lebte schon im 18. und 19. Jh. eine größere Anzahl Corneille in Deutschland, und zwar in der Pfalz, offenbar französische Auswanderer. Als erste wird dort bereits 1592 eine Hugenottin namens Rachelle Corneille genannt.

Auch Ortsname
Im Übrigen ist Corneille ein Ortsname. Im Süden Frankreichs im Departement Aude nennt sich ein Ort in der Gemeinde Arzens so. Weiterhin trägt (oder trug?) eine Stadt in Algerien, Sitz einer Sous-Préfecture, diesen Namen.

und Name eines ruandisch-kanadischen Sängers
Corneille - genauer: Corneille Nyungura - wurde am 24.3.1977 als Sohn ruandischer Eltern in Freiburg im Breisgau geboren. Im Alter von sieben Jahren kehrte er mit seiner Familie nach Ruanda zurück. Während des Völkermords in Ruanda 1994 wurden seine Eltern und seine Geschwister getötet, woraufhin er nach Deutschland zurückkehrte und schließlich nach Montréal in Kanada übersiedelte. Dort gründete er die R'n'B-Band O.N.E. 2002 startete er seine Solo-Karriere und erreichte mit seinem 2002 erschienenen Album Parce qu'on vient de loin Chartplatzierungen in Frankreich und der Schweiz.


"Le mystérieux docteur Cornélius"
Unter dem vorstehenden Titel erschien 1975 in Paris ein fünfbändiger Roman als Taschenbuch der Union Générale d’éditions in der Serie "L’aventure insensée" (= Das verrückte Abenteuer).



Titelseite von Band 4 des 1975 wieder aufgelegten Romans
Der mysteriöse Dr. Cornélius (Erstveröffentlichung 1912)




Verfasser war der französische Journalist und Schriftsteller Gustave LE ROUGE (1867-1938), der viele Fortsetzungsromane schrieb und ein Freund des Dichters Verlaine war. Diese "Utopie in Romanform" (so der von ihm inspirierte Dichter Cendrars) war 1912 erstmals veröffentlicht worden und dann wohl weitgehend in Vergessenheit geraten. Laut Grand Larousse Universel, Ausgabe 1987, der im übrigen das Werk in die Jahre 1918/19 datiert, handelt es sich um "einen sonderbaren Abenteuerroman, wo sich die Poesie mit dem Phantastischen mischt".
In 18 Episoden wird darin die Bedrohung der Welt durch den grausamen, allgegenwärtigen und nicht fassbaren Dr. Cornélius Kramm behandelt, von Beruf Schönheitschirurg. Cornélius wohnt in einem herrschaftlichen Privathaus der 5. Avenue in New York, in dessen Kellern er sein Labor hat. Er ist Chef einer Verbrecherorganisation mit Namen "Rote Hand". Sein Aussehen wird an einer Stelle so beschrieben:
"Sein enormer Schädel war völlig kahl, seine Augen, ohne Brauen, ähnlich den Augen von Raubvögeln, waren abgeschirmt durch eine große Goldbrille ... . Seine Lippen waren dünn, das Gesicht mager, rosa, beinahe skeletthaft".
Es gibt auch eine Gedichtsammlung des Autors Le Rouge und seines Freundes Blaise Cendrars mit dem Titel Les Poèmes du Docteur Cornélius (= Die Gedichte des Dr. Cornélius).

Noch eine andere Romanfigur mit dem Namen Cornelius ist in Frankreich geschaffen worden, nämlich Cornélius van Baerle, die Hauptperson in einem der erfolgreichsten Romane von Alexandre DUMAS dem Älteren (1802-1870), in La Tulipe noire (= Die schwarze Tulpe). Der Roman erschien 1850 in Paris.

Sind Sie ein cornelischer Mensch?
Im Französischen gibt es das Adjektiv cornélien (weibliche Form: cornélienne), das man wohl am ehesten mit "cornelisch" übersetzen kann. Es bezieht sich auf den berühmten französischen Dramatiker Pierre Corneille (1606–1684) und ist die Adjektivform dieses Namens. Die Franzosen gehen also offenbar davon aus, dass der Dichter nicht von der Rabenkrähe (franz. corneille) seinen Namen hat, sondern nach dem heiligen Papst Cornelius benannt ist, und haben hiervon das Adjektiv gebildet. Laut dem Grand Dictionnaire Encyclopédique Larousse, Ausgabe 1982, hat cornélien bzw. cornelisch drei Bedeutungen.
Cornelisch
1. Nennt man das, was sich auf das Werk von Pierre Corneille bezieht: Das cornelische Theater, der cornelische Vers.
2. Nennt man eine Situation, ein Drama, eine Debatte, in denen ein Konflikt zwischen Gefühlen und Pflichten ähnlich wie in den Tragödien Corneilles auftritt.
3. Nennt man jemanden oder sein Verhalten, der oder das eine gewisse Seelengröße, Willensstärke oder Heroismus offenbart.
Ein "cornelischer Mensch" wäre somit jemand, der eine ähnliche Seelengröße wie die Helden in Corneilles Dramen besitzt.


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